netBook

Vorbemerkungen: Viele Interessenten waren in den letzten Monaten verunsichert, war doch einerseits die Rede vom PSION Serie 7 und andererseits vom netBook. Beide Geräte haben dasselbe Design, können „von aussen“ also leicht verwechselt werden. Heute wissen wir, dass der PSION Serie 7 auf dem deutschsprachigen Markt nicht angeboten werden wird und damit auch kein deutschsprachiges Gerät erscheinen wird. Im Gegensatz dazu ist das netBook seit Mai 2000 deutschsprachig erhältlich.

Seit einigen Wochen arbeiten wir nun mit dem netBook. Teilweise in schwarzes Leder gehüllt mit geprägtem PSION Logo, hochwertig aussehend wie eine noble Hightech-Businesstasche. Der erste Griff, ja, gewichtig ist er schon (1,15 kg, 235 x 182 x 37 mm). Dann das Öffnen: gerade bei PSIONs Geräten immer wieder ein Moment, wo man die Geistesblitze fliegen sieht: ja, zwei massive mattverchromte Gelenke, die nicht nur das Gewicht des Farbschirms halten, sondern ihn auch in jeder gewünschten Position fixieren!

Und der Farbbildschirm: EPOC Release5 (wie beim Serie 5 mx/mxpro) in Farbe, mit massenhaft Platz – ein Organiserbetriebssystem wird erwachsen.

 Die fixen Systembuttons liegen jetzt links und rechts des brillanten STN LCDs mit 256 Farben und 102dpi (S5 119 dpi). Es sind mehr Buttons geworden, vier definierbare Anwendungstasten sind neu hinzugekommen. Die Applikationen sowie auch das Betriebssystem profitieren von den zusätzlichen Funktionstasten. Die Farben in EPOC sind allerdings noch nicht ganz glücklich gewählt, beim Konvertieren von farbigen Bitmaps oder Worddateien sowie beim Farbdruck gibt es noch Probleme.

Die internen Applikationen wurden gegenüber den S5 nur geringfügig angepaßt, meistens wurden die Inhalte nur vertikal gestreckt. So könnte die Monatsansicht der Agenda leicht in eine Zweimonatsansicht aufgehen. Das Gehäuse weist nicht mehr die Recorderbuttons auf, da er ja als Diktiergerät zu groß wäre. 

Dafür gibt’s einen auf der linken Seite eine Compact Flash II-Lade, die auch die soeben erschienene IBM CFII 340 MB MicroDrive-Harddisk aufzunehmen vermag. Links ist der PC-Card-Slot, der für Modems oder mit einem Konverter eine weitere CF gedacht ist. Die Laufwerksbezeichnungen sind nun C:, D:, E: und das ROM auf Z:, wobei die beiden Cardslots fixe Laufwerksbuchstaben haben. Weiters gibt es noch zwei interne RAM-Slots für proprietäre Erweiterungskarten um den serienmäßigen Speicher von 32 MB auf 64 MB auszubauen.

Die Daten der am Serie 5 mx geschriebenen Compact Flash wurden sofort erkannt und der riesige Extrabar (für 10 x 8 Applikationen) füllte sich langsam. Und siehe da, die meisten Programme sind sofort einsetzbar. Manche nur in der Mitte des Schirms, viele aber bereits Fullscreen und einige davon sogar bereits in Farbe. Der EPOC-Emulator hat hier gute Entwicklerunterstützung geboten. Der große Bildschirm verleitet dazu, das Zoom und wirklich große Schriften auszuprobieren, aber da fällt auf, dass zu wenige große Bitmapfonts bereitstehen – die Darstellung wird rauh und pixelig. Die Tastatur hat einen Tastenabstand von 17 mm und der Tastenhub von 3mm macht sie zu einem der angenehmsten Notebook-Keyboards.

Die Schnittstellen sind wie gewohnt: die serielle in Form des Hondasteckers, ein Anschluß für die Dockingstation an der Geräteunterseite, der Stifteinschub mit oben liegender Auswurftaste. Der Stift sieht genauso wie der des Fünfers aus, allerdings paßt der Tantronics Alustift gerade nicht mehr hinein... Der Lautsprecher ist an der Unterseite, was die Lautstärke etwas dämpft, da das netBook beim Aufklappen nicht nach vorne geneigt wird (wie der revo).

Das Mikrofon sitzt an der rechten Seite in der Nähe der Shift-Taste. Ein echtes Hindernis sind die gegenüber dem Serie 5 vertauschten Menü- und Funktionstasten. Der Einschaltschieber befindet sich links, der Stiftauswurf rechts oberhalb der Tastatur. Der IrDA-Port zur Kommunikation mit Datenhandys, Druckern und anderen Organisern ist an der Rückseite des Geräts.

Wie schnell ist der Neue mit seinem 190 MHz StrongARM Prozessor nun gegenüber dem Serie 5 mx mit 36 MHz. Der Echttest mit Palmtops Streetplanner war eher ernüchternd: eine komplexe Route durch Wien mit rund 70.000 überprüften Teilstrecken wurde am S5mx in 1:53 berechnet, am netBook in 47 sec, also Faktor 1:2,4. (S5 4:20 min.) Manche interne Applikationen wie die Datenbank oder der Webbrowser und das Email-Programm profitieren hingegen deutlich mehr vom schnelleren Prozessor und seinem etwas anderen Instruction Set.

Für die nötige Stromversorgung sorgt ein LiIon-Akku mit 10,8 V und 1500 mAh, der gemäss Angaben des Herstellers für ca. 8,5 Stunden Betrieb reichen soll. Diese Zahl düfte der Realität nahe kommen. Bei normalem Gebrauch, kommt er nach 2-3 Tagen an den 15 V Netzadapter, wegen der LiIon-Technik ist Teilladen auch ohne Memoryeffekt möglich. Selbst wenn intensiv mit einem PC Kartenmodem gearbeitet wird, hält er problemlos einen (langen...) Abeitstag durch. Und: in nur 2 Stunden ist der Akku wieder voll aufgeladen. Die Batterieanzeige ist leider etwas knapper geworden, was gerade bei einem Akku verbesserungswürdig wäre – deshalb an dieser Stelle keine genauen Stundenangaben. Allerdings wissen wir hier vom S3 und S5, daß die Sharewareszene viele Lösungen bereithalten wird!

Nun, das netBook ist ein mobiler Netzwerkcomputer, also ein javafähiger Netzclient. Wie David Potter, PSION Gründer und CEO, sagt, wird die Zukunft des Internets drahtlos sein und SUN sagt schon lange: „the network is the computer“. Im Klartext heisst dies, dass wir künftig viel mehr als heute über’s Internet oder über ein Intranet kommunizieren werden und die notwendigen Daten ortsunabhängig jederzeit abrufen können. Wir brauchen also kein Notizbuch (Notebook) mehr, sondern ein Gerät mit herausragenden Kommunikationseigenschaften – eben ein netBook. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass das netBook kein eingebautes Modem aufweist, ebenso wenig wie die Möglichkeit, eine SIM-Karte einzustecken. Mit Absicht? Ja, denn die Entwicklung auf diesem Gebiet geht in Riesenschritten vorwärts – und da dürfte es weniger schwer fallen, ein neues Modem zu kaufen als ein neues Gerät.

  Für wen ist nun das netBook gebaut: für Mobile Workers mit höheren Ansprüchen an den Bildschirm, die das Instant-On und die lange Batterielebensdauer schätzen? Oder für liquide Studenten, die ihre Arbeiten und die Onlineverbindung auf einem mobilen PC-Ersatz erledigen wollen? Dazu fehlen allerdings noch einige Konverter für Dateitypen wie Excel oder TIFF, die man derzeit noch mit einem PC über das mitgelieferte PsiWin 2.3 konvertieren muß.


Jedenfalls sind der Chic des Gehäuses und der technische Anspruch des Geräts sowie die einfache Bedienbarkeit von EPOC wohl dazu angetan, Käuferschichten aufzutun, die es bisher vielleicht noch gar nicht gab.

Fredy Ott, Thomas Schmidt und Thomas Ullrich, Mai 2000