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Anwenderbericht zum Nokia N70

    Anwenderbericht - Das Nokia N70 im Langzeittest
Andreas Prochazka, 18. Mai 2006
 

Nokia N70 – Langzeittest

Natürlich – das N70 gibt es zwar schon gut ein halbes Jahr. Die technische Spezifikationen sind längst bekannt. Wie sich das Handy im Alltag tut, kann aber wohl erst nach entsprechender Testzeit eingeschätzt werden. Deshalb nun ein Bericht zu einem der ersten Vorreiter aus Nokias neuer Nseries.

Der erste Eindruck

Bereits beim Auspacken erkennt man eine bestimmte Besonderheit des Handys: Leichter Techno-Look durch frontseitigen Metallrahmen, gepaart mit weiß/silber-glänzendem Außenkorpus und weißer Tastatur mit bläulicher Beleuchtung. Da kann eventuell beim ersten Blick auch schon versehentlich ein iPod interpretiert werden, obwohl es doch größer als vermutet wirkt. Dennoch ist es das kleinste 3G-Telefon (3. Generation, UMTS) der Welt, übrigens mit GSM 900, 1800 und 1900.

Neben einem 970mAh-Lithum-Akku und einer 64MB-Speicherkarte findet man weiters im Karton: ein Verbindungskabel (USB 2.0) und eine CD mit PC Suite, ebenso ein schlankes Netzteil und natürlich eine Bedienungsanleitung, die aber Dank der intuitiven Benutzeroberfläche kaum benötigt wird. Auch ein Stereoheadset liegt bei, ebenfalls weiß, in Schnurr-Design! Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, aber ich werde das nicht in der Öffentlichkeit verwenden. Zudem mangelt es auch an Funktionalität – die eingebaute Taste dient nur als Sprechtaste, leider aber z.B. nicht als Pausetaste beim MP3-Hören und ein Lautstärkenregler fehlt sowieso. Weitere Utensilien sind eine Handschlaufe, ein Putztuch (!?) und eine Stiftstecker-Reduzierung von 3,5 auf 2mm, für Netzadapter herkömmlicher Generation, da das Nokia N70 eine noch kleinere Buchse verpasst bekommen hat. So lassen sich weiterhin die alten Netzgeräte verwenden bzw. man braucht trotzdem nur eine Ladegarnitur mit auf Familienurlaub nehmen.


Vollgepackt und trotzdem handlich geblieben: Das N70 - kleinstes 3G-Handy der Welt

Beim Einschalten meldet sich das Serie 60 (2nd Edition) User Interface basierend auf Symbian OS v8.1 mit einem unveränderbarem Startup-Signal, welches sich leider nur via Profil-Einstellung „Lautlos" unterdrücken lässt.

Durchdachte Features


 
Das Wichtigste auf einen Blick bzw. mit einem Klick,…
Sieht man von diesem eventuell lästigen Effekt ab, beginnt jetzt das Staunen. Der Standard-Bildschirm bietet eine Art „Now"-Ansicht, welche neben obligater Datum/Uhrzeit-Information auch die anstehenden aktuellen Kalendereinträge sowie Aufgaben anzeigt. Weiters zieren 5 frei wählbare Programm-Icons diese Darstellung, um so rasch auf seine Favoriten zugreifen zu können. Für noch komfortableren Funktionsaufruf dient neben den beiden üblichen definierbaren Auswahltasten, die so genannte „Multimediataste", die standardmäßig die „Galerie" aufruft. Glücklicherweise ist auch sie benutzerdefinierbar. Deren Vorteil ist es, dass sie jederzeit hörig ist, während ja die beiden Auswahltasten der laufenden Applikation dienen. Ich persönlich habe ihr z.B. die Bluetoothfunktion zugeordnet.

Diese durchdachten Features für effizienteres Werken machen die anfänglichen Schwierigkeiten der doch etwas kleinen Tastatur wett.
 

Das generelle Aussehen des Screens lässt sich wie gewohnt via „Themen" und „Hintergrundbild" variieren. Da kann dann auch schon das 176x208 Pixel große Display brillieren, das mit 18 Bit Farbtiefe bereits 262.144 Farben (anstatt 65.536 Farben bei 16 Bit) bietet. Apropos, sollte es manchmal den Anschein haben, die Beleuchtung flackere, so liegt es an den eingebauten Lichtsensor, der sich bemüht Displayhelligkeit und Tastaturbeleuchtung den Umgebungsbedingungen anzupassen.

Mit einem smarten, on-board Transferprogramm, beamt man via Bluetooth alle Termine, Notizen und vor allem Kontakte vom alten S60-Handy auf das N70. Die SIM-Karte lässt man dazu im alten Gerät – denn das N70 lässt sich nämlich auch ohne diese einschalten und verwenden! Freilich geht es dabei automatisch in das „Offline-Profil", besser bekannt unter „Flugmodus", an den man klugerweise auch gedacht hat.


…der Anwender hat jedenfalls viele Möglichkeiten.

Office & Co


 
Web, PDF, DOC, XLS oder PowerPoint – kein Problem

Abgesehen von diesem kleinen, feinen Übertragungstool findet man da auch noch größere Applikationen wie Opera-Browser, Acrobat Reader und Quickoffice. Letzteres ist ein scheinbar eigens für Nokia zugeschnitztes Dreierpaket zum Anzeigen von Word-, Excel- und Powerpoint-Dateien, welches prinzipiell funktioniert, aber eben nicht lupenrein. Zum Editieren gäbe es die eigentliche Sharewareversion von Quickoffice, die dann auch wesentlich runder arbeitet. Programme wie Dateimanager, Aufnahme, Mail, Rechner, (Weltzeit-)Uhr mit Alarm, etc. sind am N70 eine Selbstverständlichkeit.

Auch der obligate Kalender ist bereits durchwegs brauchbar. Mit der Sterntaste wechselt man rasch zwischen Tages-, Wochen- und Monatsansicht. Wobei bei den beiden letztgenannten Darstellungsarten, die Einträge der momentanen Cursorposition eingeblendet werden. So muss man nicht raten, warum eine Terminbelegung signalisiert wird. Mit Raute gelangt man übrigens sofort zum aktuellen Datum.
 

Die Nutzung des Kalenders wird besonders durch die eingangs erwähnte aktive Standby-Ansicht interessant, da die anstehenden Einträge eben dort immer angezeigt werden. Ganze 21MB hat man intern für den User freigelassen. Findet man also mit der gepfefferten Basissoftwareausstattung nicht das Auslangen, gibt es ja Auswahl aus jeder Menge S60-Programmen, von denen so ca. 95% zu laufen scheinen (Tendenz steigend).

 

 

 

 

Die üppige Ausstattung an Standardapplikationen kann sich sehen lassen.

Kapazitäten

Reicht der Akku tatsächlich etliche Tage, so wird man hingegen z.B. bei Nutzung des MP3-Players die mitgelieferte Speicherkarte rasch gegen eine Größere tauschen wollen. Den benötigten Typ RS-MMC DV gibt es derzeit bis zu 1 GB. Das reicht für hunderte Songs, aber auch für die Offline-Wikipedia oder „Herr der Ringe – Extended Version", Teil 1 bis 3, natürlich im mobilem Videoformat. Zur Erklärung: RS steht für Reduced Size, sie sind also ca. halb so groß wie die herkömmlichen MMC und DV weist auf Dual Voltage hin, da diese sowohl mit 3, als auch 1.8 Volt Betriebsspannung auskommt, was für das N70 unerlässlich ist. Also unbedingt darauf beim Speicherkartenkauf achten!



„Multitasking" gibt es bei Symbian schon immer.

Die Verschlussklappe zum MMC-Slot ist außen angebracht und aktiv, eine bevorstehende Kartenentnahme wird demnach vom N70 sogleich detektiert, was sich in einem postwendenden Schließen aller Programme äußert, um möglichen Datenverlust oder Programmschäden vorzubeugen. Trotz dieser an sich guten Strategie wird man wahrscheinlich einen Wechsel nicht allzu massenhaft exekutieren. Die Klappe ist dafür zu mickrig und die Größenverhältnisse fordern ein hohes Maß an Fingerspitzengefühl.

Nicht nur, dass MP3 als Klingelton akzeptiert wird, auch Playlisten und Handling von Titel, Alben und Interpreten via MP3-Tags sind dem N70 ebenfalls nicht fremd. Überhaupt überzeugt es punkto Musik mit sattem Stereo-Sound und für alle Fälle ist auch ein UKW-Radio mit dabei. Dank Multitasking-Fähigkeit kann man während dem Musikhören Emails lesen, SMS schreiben oder was auch immer. Und das auch ohne Kopfhörer. Der eingebaute Lautsprecher dient erfreulicherweise auch zum Lauthören, ebenso wie dadurch beim Telefonieren Freisprechen möglich ist.

   

Foto & Video

Fehlt dem Kandidat bereits die IR-Schnittstelle, so sind dafür zwei Kameras eingebaut. Der Grund: Eine VGA Kamera ist frontseitig eingebaut und dient eigentlich für Videogespräche. Man kann sie trotzdem zum Knipsen verwenden, z.B. für Selbstporträts. Oder aber auch als Spiegel. Das Suchbild wird nämlich gespiegelt dargestellt, das Foto aber korrekt abgespeichert.

Die eigentliche Hauptkamera mit 2 Megapixeln versteckt sich gemeinsam mit dem Blitz hinter der aktiven Klappe auf der Rückseite. Schiebt man diese auf, startet die Kamera und Fotografieren mit 1200x1600 Pixel und 20fach-(Digital-)Zoom wird möglich. Auch Selbstauslöser, verschiedene Modi und Einstellmöglichkeiten fehlen nicht, ebenso die Möglichkeit des Filmens in MP4- oder 3gp-Format bis zu einer Größe von 352x288 Pixel.

Hinter dem simplen Foto-Menü-Befehl „Bearbeiten" befindet sich ein Bildbearbeitungsprogramm, womit sich das Bild Verändern bzw. Verbessern, Verunstalten oder mit Text/Cliparts ergänzen lässt. Leider kann es aber ein kleines Manko nicht korrigieren: zwischen dem angezeigten Bild beim Auslösen und dem gespeicherten Bild liegt so viel Zeit, dass man über das Resultat oft überrascht und manchmal enttäuscht ist.

Apropos Auslösen. Das erfolgt mit Drücken das 5-Wege-Navigations-Keys. Mit der Taste an der rechten Gehäuseseite lässt sich dies ebenso bewerkstelligen. Mit dem Unterschied, dass das Bild dann gleich gedreht wird, also hochformatig abgespeichert wird. Ich beschreibe diesen netten Gag vor allem, weil diese scheinbar einzige Funktion des Knopfes, in keiner Anleitung zu finden war.

Bei soviel Multimedia macht das Galerie-Programm mit Miniatur-Vorschau schon Sinn. Angesichts der Bilddatenmenge kann es da schon mal ein paar Sekunden dauern, bis das eine oder andere Vorschaubild beim ersten Mal fertig gerechnet ist.



Bildbearbeitung kennt man sonst nur vom Computer.

Fast alle Arten von Verbindungen

Selbstredend, dass sich getätigte Aufnahmen problemlos via MMS, Mail oder Bluetooth versenden lassen. Verzichtet wurde leider auf „alte" Techniken wie Bild-SMS oder Infrarot. Vor allem das Fehlen der drahtlosen Verbindung mittels IrDA, die sich eigentlich gerade auch bei Kleingeräten schon vor Bluetooth etabliert hat, kann schon manchmal ärgerlich werden, will man das N70 mit einem älteren Handy, Handheld oder einem Peripheriegerät verbinden.



Die selbstinstallierenden Dateien (SIS) oder Java-Programme (JAR) sind sowohl mit aber auch ohne der PC-Suite ganz einfach zu installieren.
Und auch für die Verbindung zum PC mit der PC-Suite bleibt somit nur Kabel oder Blauzahn. Die Nokia PC-Suite gibt es ja schon seit vielen Jahren und liegt mittlerweile in einem entsprechend fortgeschrittenen Versionsstand vor. Je nach gegenwärtiger PC-Konfiguration, vor allem mit der Paarung Bluetooth und XP Service Pack 2, konnte das Zustandekommen eine stabile Verbindung rasch zu einer Nervenprobe werden. Glücklicherweise widerfuhr just zur Fertigstellung dieses Berichtes der PC Suite ein Upgrade (auf Version 6.80.21), die diesbezüglich viel Erfolg versprechender erscheint und solide Verbindungen herstellt. Datentransfers, Synchronisation und Programminstallationen steht nichts mehr im Wege.

Kommen wir nun zur wichtigsten Nebensache eines Handy: dem Telefonieren. Diese Funktion wird durch eine ordentliche Kontaktverwaltung und einer interessanten Sprachwahl (die auch für Sprachbefehle, also zum Aufruf von Programmen, genutzt wird) abgerundet. Hierbei wird nicht mehr eine eingeschränkte Anzahl von Namen vorher aufgesprochen, in der Zuversicht, dass das Gerät diese später wieder zuordnen kann. Viel mehr analysiert das N70 die Namen der gesamten (!) Kontaktdatenbank automatisch und legt die Sprachmuster ab. Das funktioniert überraschend gut, stimmenunabhängig und eben für alle Namen. Über die gewohnte Telephonie hinaus bietet das N70 Videotelephonie und PTT (Push to Talk), eine Art Funkgerät-Funktionalität der modernen Mobilfunktechnologie. Letztere Fähigkeit konnte ich jedoch mangels Gesprächspartner mit gleichem Technologievorsprung aber nicht wirklich testen, könnte aber im Gegensatz zur Videotelephonie sogar sinnvoll sein, denn diese wird in Wirklichkeit nur zum Vorzeigen genutzt.

Obwohl ich eher als kritischer User gelte, bin ich resümierend mit dem N70 sehr zufrieden. Die nahezu vollständige Ausstattung in einem so kompakten Gerät überzeugen schier und die wenigen, kleinen Schwächen verblassen. Auf die kommenden Modelle der Nseries kann man jedenfalls gespannt sein.
 

Andreas Prochazka, 18. Mai 2006